Angstpatient + Vertrauensbruch = ich mache mir Vorwürfe

Kleine Tricks und schwere Fälle...
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Fröschlein
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Angstpatient + Vertrauensbruch = ich mache mir Vorwürfe

Beitrag von Fröschlein » 19.06.2012, 16:31

Hallo liebe Mitstreiter in Sachen Hundeerziehung,
heute ist etwas Schlimmes passiert, ich erzähle euch mal meine Geschichte: Meine Manchi-Hündin, die ein gaaaaaaaaanz toller Hund ist, super hört, fleißig arbeitet, selbständig am Pferd läuft und keiner Fliege je was zu Leide täte ist heute von zwei Barsois (Art Windhunde - sauschnell) gejagt worden.
Meine Maus ist sowieso seeeeehr vorsichtig was große Hunde anbetrifft, seit sie beim Spiele mal über den Haufen gerannt wurde. Sie geht nur zu Hunden, zu denen ich sie hinschicke (wow - toller Hund!!!), sie sieht mich erst mal an, wenn sie einen Hund sieht und wenn ich nein sage, geht sich ohne murren mit. Kleine Hunde erkennt sie aus der Entfernung und findet es dann auch super, mit ihnen zu speilen. Sie hat noch nie nach einem anderen Hund gebissen und öffnet höchstens Mal den Mund in Richtung eines anderen, wenn sie ihre Ruhe will.
Nun ist vor ca 6 Monaten, nachdem wir ca 3 Monate zuvor umgezogen waren, auf der neuen Hundewiese ein Barsoi auf sie zugeschossen (aus min. 200 m entfernung, ich bin da echt vorsichtig und leine sie an, wenn ein großer kommt, weil ich weiß, dass sie sonst die Flucht ergreift). Sie hat diesen Hund gesehen und schoss weg. Sie war ca 8 m von mir entfernt und so hatte ich keinen Zugriff. Sie hat dann versucht sich in einer Hecke zu verstecken, der große ging ihr aber nach und ich hörte nur wie meine brüllte vor Angst und aus der Hecke weiterrennt. Sie rannte Richtung unseres Hauses.
Als ich meinen Hudn wiederhatte und der andere unfähige Besitzer dieses nicht abrufbaren Hundes seinen Hund wiederhatte, habe ich versucht, nocheinmal eine Zusammenführung zu machen, damit so etwas nicht wieder vorkommt. Meine war total aufgebracht. Bis auf einige Meter konnte ich sie nochmal zu dem anderen hinführen und sie hat die ganze Zeit gebellt wie eine Blöde, hatte richtig Todesangst. Aber was ich erst gesehen habe, als ich dann auf dem Heimweg war und hoffte, es sei jetzt überstanden, war, dass mein ganzer Arm voller Blut war. Meine arme Maus war so gerannt, dass sie sich auf dem geteerten Teil der Strecke die gesamten hinteren Krallen bis aufs Blut abgewetzt hatte. das war einfach ein ganz schrecklicher Tag.
Seitdem bin ich sehr besonnen, wenn ich Gassi gehe, leine meinen Hund immer erst mal an, wenn ich in der Ferne einen Großen sehe, rufe anderen zu, sie mögen ihren Hund auch anleinen, leine nur ab, wenn die Luft auch wirklich rein ist oder ich alle Hunde als verträglich einstufen kann.
das hat soweit ganz gut geklappt. Wenn der Hetz-barsoi auf der Wiese war (auch wenn er schon wieder weg war), habe ich das trotzdem sofort gemerkt. Sobald meine ihn roch (kam nur 2 mal vor), flippte sie aus, war kaum noch ansprechbar und bellte unentwegt. Spaziergänge mussten dann abgebrochen werden. Sie hat schlichtweg Todesangst vor diesem Hund. Und es tut mir soooo leid, das ich damals ncihts tun konnte.
und heute dann das Schlimmste denkbare Szenario: der Typ mit dem Barsoi hat sich einen weiteren Barsoi-Renn-blöd-Hund angeschafft, der genauso wenig hört und genauso schnell ist und genauso viel Jagdtrieb hat. ich war auf der Hundewiese unterwegs, habe meine immer bei mir gehabt. Als sie etwas weiter voraus ging rief ich sie, aber irgendwas hat da so toll gerochen, dass sie zögerte, die 5 meter zu mit zu kommen, also dreh ich mich um und lauf in die andere Richtung. Sie sieht das und folgt sofort. in diesem Moment kommen die zwei Riesen aus einem kleinen uneinsehbaren weg gehetzt, stürzen sich auf meine, die ergreift die Flucht, kein Besitzer zu sehen, ich rufe, kann damit natürlich nichts bezwecken, alle drei Hunde rennen Richtung Straße, meine mit der Idee, ins sichere zu Hause zu laufen, als ich ihnen folge, taucht irgendwann auch der andere Hundehalter auf. Ich finde meinen Hund völlig aufgelöst, ihr steht Schaum vorm Mund, die Pfoten bluten, sie bellt wie verrückt, sie dreht sich im Kreis, sie ist völlig fertig.
es war so furchtbar.
Inzwischen hat sie sich beruhigt, die blutenden Krallen sind versorgt und sie schläft neben mir.
Nun zu meiner Frage: das Vertrauen zwischen mir und meinem Hund ist nun sicher nicht mehr vorhanden, denn ich konnte ihr nun schon zum zweiten Mal nicht helfen. was kann ich tun, um unsere Bindung zu festigen, so dass sie in so einem fall zu mir kommt? Für heute habe ich alles abgesagt, Hundeschule z.B. und ich werde morgen vll auch nicht zur Arbeit gehen wegen diesem Vorfall.
Hat jemand Tips, wie ich ihr helfen kann, das besser zu verarbeiten?
Was ich nicht brauche sind Hinweise über das Vergangene, sprich:
was der andere Hundebesitzer falsch macht, was ich falsch gemacht habe, dass sie z.B. nicht an der Leine war.
Ich weiß auch, das Flucht ein normales Verhalten ist und so weiter. Außerdem weiß ich, dass mein HUnd normalerweise bei mir Schutz hätte suchen müssen, das kam für sie aber nicht in Frage, weil sie so schnell wie möglich weg wollte.
ich weiß, dass man Angst nicht verstärken darf. damit sie sich schneller beruhigt, habe ich sie nach Hause gebracht und dann kein großes Ding aus der Sache gemacht, versucht, mich selbst schnell wieder abzuregen.
Es geht mir jetzt darum, wie ich das Vertrauen in mich als Rudelführer wieder herstellen kann. Ich fühle mich echt furchtbar und mache mir große Vorwürfe. Leider werde ich die Gegebenheiten nicht ändern können, habe gerade nämlich auch mit Polizei und Ordnungsamt gesprochen, die mich behandelt haben wie irgendsoeine Verrückte, die mit ihrem Hund nicht klarkommt. Ich denke also nicht, dass ich da was ausrichten kann. Das einzige, as ich wohl tun kann, ist diese Wiese, diese Hunde meiden... Bin echt verzweifelt, finde das so ungerecht!
"Dem Menschen, wenn er gut erzogen, wird selbst ein weiser Hund gewogen." (Nach Goethe, Faust I)

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Beitrag von dietutnix74 » 19.06.2012, 20:53

So schlimm das für Dich ist, für mich gilt oft das Motto: weniger ist mehr.

Je weniger Du etwas Besonderes daraus machst, umso normaler wird es für den Hund.

Nur in ganz seltenen Fällen rate ich zur Gegenkonditionierung.

Sollte sie sich gar nicht beruhigen, kannst Du mit DAP oder Zylkene unterstützen.
Solange Menschen glauben, dass Tiere nichts fühlen, solange müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.

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Beitrag von Beate » 19.06.2012, 21:20

warum sollte das Urvertrauen Deines Hundes zerstört sein? Du hast sie doch nicht gezwungen, jetzt sofort bei den Windhunden zu bleiben und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sondern Du hast sie nach Hause gehen lassen oder habe ich da etwas falsch gelesen?! Was hättest Du in dieser Situation auch anderes tun wollen?????Dich auf Deinen Hund werfen? Leider gibt es immer wieder die Situationen, dass man denkt: "Ach, Sch..; das habe jetzt weder ich noch hat es mein Hund gebraucht..." Aber so ist es nun einmal. An dem anderen Hundehalter rumerziehen?? Nö, der wird sich nicht ändern. Ordnungsamt nerven? Ja! Nur ist das mühsam: Wissen Sie, die Hunde haben meinen gejagt, aber es nichts passiert, ausser blutige Pfoten, weil meine Hündin ist (noch) schneller als die Windhunde...Aber weiter nerven und jeden "Übergriff" der Hunde melden!!
Nun zu Deinem Problem: wenn Du wirklich denkst, dass Dein Hund jetzt kein Vertrauen mehr hat und Dich als "Rudelführer" akzeptiert (ich hasse solche Sätze :evil: ), dann solltest Du dieses Vertrauen Dir wieder erarbeiten. Übrigens steht nirgendwo gesetzlich niedergeschrieben, dass Dein Hund nicht in die Flucht gehen darf. Natürlich wäre es besser, wenn sie zu Dir gekommen wäre, aber nochmal:was hättest Du dann tun wollen??? Dann ist es doch wohl klüger, den HUnd einfach laufen zu lassen. Blöd, wenn Straßen dazwischen sind.
Buchempfehlung: trau nie einem Fremden--- Patricia McConell, beschäftigt sich mit Angst und deren Bearbeitung. Es dauert lang, aber es lohnt sich, versprochen. Mein Mischling ist extrem geräuschempfindlich. Mit Hilfe des beschriebenen Trainings habe ich ihn soweit, dass er nicht mehr durchstartet, wenn es knallt, Blasmusik spielt, die Kirchenglocken läuten,Jagdhornblasen ertönt, wenn es gewittert...er ist ganz sicher nicht entspannt, sondern will dringend nach Hause oder ins Auto. Da gehen wir auch hin, nachdem ich ihn in aller Ruhe angeleint habe. Das haben wir mit dem Training hingekriegt.
So, das wäre, was mir zum Training einfällt.
Und ganz wichtig: denk Dir einen guten Notfallplan aus, damit ihr beide möglichst gut und sicher aus dieser Situation rauskommt. Dass ein "Zusammenführen" der Hund nicht die allerbeste Idee war, hast Du ja schon gemerkt. Und ich würde das auch tunlichst meiden. Denn eher diese Situationen sind es, die die Grundfesten des Vertrauens zum Wackeln bringen!!
Siegfried ist im Alter von 5 Monaten von einem Fahrrad überrollt worden, weil ich ihn gerufen habe, um ihn in Sicherheit zu bringen. Er war nur 30 cm von meiner Hand entfernt, als die Radfahrerin über ihn hinwegrollte. Es brauchte etwa fünf Minuten, dann kam er wieder an meine Hand und fand mich auch wieder vertrauenswürdig. Er hat aber seither ein großes Problem mit Fahrrädern und Menschen. An der Leine konnte ich es inzwischen regeln, er ignoriert inzwischen sowohl Fahrräder wie auch zu Fuss gehende Menschen. Und sein Vertrauen zu mir ist gewachsen, weil ich ihn in engen Situationen das Äffchen machen lasse: er krabbelt an meinen Beinen hoch und lässt sich von mir auf den Arm nehmen und kann dann entspannt atmen und sich die Situation in Ruhe anschauen. Ich gebe ihm einfach die Sicherheit, die er gerade braucht. Viele Dinge können wir auch als "Rudelführer" nicht ändern: ich habe keinen heissen Draht zu Petrus, schnippe mit dem Finger und schwups ist das Gewitter weg--ich wäre wahrscheinlich nicht nur für Melchior die Göttin :D ..ich kann auch nicht spontan dafür sorgen, dass die Kirchenglocken aufhören, Lärm zu machen, ich wohne nunmal in Oberbayern :wink: ...Aaaaber, ich gehe sicher nicht mit dem Hund an die Kirche und lasse ihn diesen Krach ertragen, wird sich schon dran gewöhnen--Heilung durch Exposition... Nein, unser Rezept, Heilung durch meiden :wink: . Und wenn es uns dann doch erwischt, laufen wir alle Frau und Hund nach Hause und freuen uns gemeinsam, dass wir es heil geschafft haben :D
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Beitrag von bibu » 19.06.2012, 23:04

Ich würde den normalen Tagesablauf und den Umgang ganz normal gestalten. Wenn du ruhig und souverän bist, merkt Sie das alles ganz normal ist.

Vielleicht kannst du zukünftig, die Barsois ganz meiden, es finden sich vielleicht ein paar nette grosse Hunde, die ihr in begleitung von einem guten Trainer, schön zusammen führen könnt. Sodass Sie grosse Hunde vielleicht auch aufgeschlossen begegnen kann.

Meine kleine kann zwar sehr gut mit grossen, hats aber viel lieber mit kleinen, kann also ein Stück weit nachvollziehen. Sie kam letztens von einem Schäfer so dermassen drunter, und Sie ist jetzt 15, das tat mir auch so leid, ich konnte ihr auch nicht helfen, weil ich die grosse an der Leine zurückhalten musste.

Wir haben alles normal gemacht und am nächsten tag mit aussie und mali freunden getroffen, damit sie gar nicht wieder Angst bekommt.

LG und tut mir mega leid, musstet ihr sowas erleben
LG Bibu & Duffy

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Beitrag von Fröschlein » 20.06.2012, 07:00

Danke für die Antworten. Wir waren heute früh schon normal Gassi, aber mit leicht abgeänderter Rute. Hundi kann auch schon wieder einigermaßen laufen.
@Beate: Was magst du am Begriff "Rudelführer" nicht?
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Beitrag von Beate » 21.06.2012, 08:50

Hat sowas von Armee und Drill :cry: .
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